Sophie-Charlotte-Gymnasium
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10629 Berlin

elFriede Freude Jelinek?

„Eigentlich ist das umgekehrt, zu dem, was ich früher wusste. Dass meine kindliche Liebe zu den Eltern nach vorne kippt, über mich drüberkippt und ich kann sie dann austrinken und ich kann dann jeden, der danach kommt, immer wieder den Becher Erdbeerjoghurt auslöffeln lassen, der mit dem Geschmack, als ich besonders Mama liebte, durchsetzt ist. (…) Keiner wird, an Mamas Liebe gemessen, bestehen können. Diese Liebe bleibt als ihre Form, als die Kuchenform, die Puddingform noch in der Luft erhalten und wird über alles drübergestülpt, was als Liebe sonst noch so daherkommen wird.“

(aus: Elfriede Jelinek, Winterreise, 2011)

 

Elfriede Jelineks Biographie und die zwanghafte Beziehung zu ihrer Mutter, die sie bis zu deren Tod nicht konstruktiv auflösen konnte, bearbeitete die Autorin in zahlreichen Texten. Dies inspirierte 18 Schüler_innen des Abiturjahrganges kurz vor ihrem Schritt in einen neuen Lebensabschnitt über Mutterliebe, Schutz und Geborgenheit, über die Biographien ihrer eigenen Mütter, über Mütterbilder und Erwartungen, aber auch über die Themen der Ablösung und dem „Zu Viel“ an mütterlicher Liebe auch in selbst geschriebenen Texten nachzudenken: „Wie sehr würde ich mir wünschen, dass sie endlos glücklich IST, anstatt uns permanent endlos glücklich machen zu wollen!“, lautete ein Gedanke aus dem Epilog.

 

Diese Themen spielerisch und bildhaft auszugestalten, war die Aufgabe des Theaterkurses, der in einem gemeinschaftlichen Prozess nach Art des postdramatischen Theaters zu erstaunlichen transgenerationalen Ergebnissen kam. Schillernd, lustbetont, explosiv und auch queer war das präsentierte Spiel-Potpourri voller Emotion und Spannkraft, jedoch auch mit inspirierenden Leerstellen, die nicht sofort mit rationalen Interpretationen gefüllt werden konnten. „Sinnloses“ Verstehen wurde immer wieder vom Publikum gefordert, das sich dieser Herausforderung in den 60 Minuten Spielzeit mit Hingabe und Humor widmete.

 

Die Spielleitung bestand diesmal nicht nur aus Frau Köhler, sondern sie bildete ein Tandem mit der ehemaligen Schülerin Anna Popova, die ihr Abitur 2012 an der SCG absolviert hat und jetzt Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin studiert. Ein gelungenes Beispiel dafür, was es heißt, wenn SchülerInnen immer wieder auch die Regie  – oder zumindest die Dramaturgie! – übernehmen, denn…

 

„… das ist es, was wir (hören) wollen!“

(Jelinek, 2011)